Brixen in Südtirol ist die Heimat von Benjamin Profanter. Der Bäckermeister und Brot-Sommelier wollte eigentlich schon immer Bäcker werden. „Ich bin in der Backstube groß geworden, die Bäckerei war immer mein Lieblingsspielplatz“, verdeutlicht er die Leidenschaft für seinen Beruf. Das Interesse am Backen und an Lebensmitteln mündete schließlich in eine Bäckerlehre, eine Ausbildung zum Lebensmitteltechnologen, ein berufsbegleitendes Studium in KMU, den Meisterlehrgang an der Akademie des bayerischen Bäckerhandwerks in Lochham und schließlich in die Ausbildung zum Brot-Sommelier an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim.

Bäckermeister und Brot-Sommelier Benjamin Profanter aus Südtirol

 

Mit seiner Zusatzausbildung zum Brot-Sommelier ist Benjamin Profanter der erste Brot-Sommelier Südtirols – und auch bei vielen anderen Dingen hat er die Nase vorn. So war es auch seine Familie, die als erste in Südtirol Vollkornmehle einsetzte – selbst gemahlen. Wir sprachen mit dem Bäckermeister der Backstube Profanter über das Dasein als Vorreiter und seine Erfahrungen mit Emmer und anderen Urgetreiden.

Herr Profanter, wofür ist Ihre Bäckerei bekannt?

Für uns, das heißt für meine Familie und unser Team, ist Stillstand ein Unding. Wir sind Ideenbäcker und definieren immer wieder neue Trends, denn wir sehen uns in der Verantwortung, den Markt mitzugestalten. Mein Vater war vor etlichen Jahren z.B. auch der erste Bäcker, der in Italien Laugenbrezeln etablierte. Und als Dinkel in Deutschland in den 1980er-Jahren einen riesigen Boom erfuhr, führten wir diesen auch bei uns ein – obwohl Dinkel in Italien, und so auch in Südtirol, noch kein Thema war.

Was ist Ihnen besonders wichtig bei der Herstellung Ihrer Brot- und Backwaren?

Unserer Philosophie liegt die Liebe zum Handwerk und die Lust am Genuss zugrunde. Wir verarbeiten daher ausschließlich ausgewählte Zutaten und naturbelassenes Getreide, um unseren Kunden qualitativ hochwertige Produkte zur Verfügung zu stellen. Das Wohlbefinden des Menschen steht für uns bei allem Wirken im Mittelpunkt.

Seit wann setzen Sie Urgetreide für Ihre Gebäcke ein?

Dinkelmehl hat mein Vater bereits 1982 in unserer Backstube eingeführt, als Vollkornvariante, die er selbst gemahlen hat. Mein Vater wurde damals für verrückt erklärt, schließlich galt Vollkornmehl zu diesem Zeitpunkt als minderwertig – weißes Mehl dagegen war Luxus.

Erstmalig auf Emmer stießen wir, als wir im Glauben waren, Dinkel aus italienischem Anbau gekauft zu haben. Farbigkeit, Schliff und Backeigenschaften brachten uns schließlich auf die richtige Fährte, und der vermeintliche Dinkel entpuppte sich als Emmer. Neben Emmer und Dinkel kommt bei uns auch Kamut als Khorasan-Hartweizen zum Einsatz.

Wie sahen Ihre ersten Backversuche mit Urgetreide aus?

Gerade beim Emmer fiel mir auf, dass man schnell von dinkelähnlichen Ansprüchen ausgeht – aber davon muss man sich verabschieden. Unbehandeltes, natürliches Emmermehl ist wegen seiner schwachen Klebereigenschaften anspruchsvoller in der Verarbeitung. Daher muss man Knetzeiten, Teigtemperatur und die Teigruhe peinlichst genau im Griff haben – aber auch eine gute Verquellung ist für die Frischhaltung wichtig. Wenn man sich aber erst einmal mit dem Emmer angefreundet hat, dann funktioniert das Backen damit sehr gut. Man muss bei Emmer aber immer berücksichtigen, dass er mehr Aufmerksamkeit braucht als andere Backwaren. Teige aus Emmermehl sollten nahezu nur mit der Hand und nur ganz sachte geknetet werden. Ein sorgsamer Umgang ist wichtig für das Gelingen der Backware.

Haben Sie noch einen weiteren Tipp zum Backen mit Emmer?

Wer mit Emmer backt, erhält eher schwere und kompaktere Brote. Da frei geschobene Brote eher zum Breitlaufen tendieren, würde ich immer dazu raten, Brote im Kasten zu backen.

Inwiefern wollen Sie die Verwendung von Emmer in Ihrer Backstube noch stärker ausweiten?

Wir wollen Emmer noch stärker als bisher in unserem Sortiment einsetzen und in dem Bereich eine größere Kompetenz aufbauen. Aktuell haben wir beispielsweise ein Mehrkornbrot im Sortiment, für das wir neben Emmermehl in der Vollkornvariante einen Roggen-Natursauerteig verwenden. Das Brot ist somit kein reines Emmerbrot. Auch unsere Emmer-Dinkel-Brötchen bestehen „nur“ zu 60 Prozent aus Emmervollkornmehl, der übrige Anteil ist Dinkelmehl. Dieses nutzen wir, um die Backfähigkeit zu steigern.

Generell probieren wir gerne Neues aus; aktuell arbeiten wir beispielsweise an einem „lievito madre“ aus Emmer für ein hefefreies, reines Emmerbrot. Wenn die Backwaren dann bei den Kunden Gefallen finden, nehmen wir sie fest in unser Sortiment auf, das mit etwa 80 Produkten bereits sehr vielfältig ist.

Wie haben Ihre Kunden auf Ihr Sortiment mit Emmer reagiert?

Unsere Kunden, die gerne ein körniges Brot haben wollen oder eines mit Natursauerteig, greifen z.B. zu unserem eben erwähnten Mehrkornbrot, das zum größten Teil Emmer enthält. Wenn das Gebäck dann geschmacklich und vom Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt, wird auch der Emmer akzeptiert. Dass das Brot eine Emmerbackware ist, ist den Kunden beim Kauf nicht unbedingt bewusst; der erste Kaufanreiz ist eigentlich immer der Geschmack. Wir geben unseren Kunden diese Information aber immer mit: oftmals sind diese dann besonders neugierig, was sich dahinter verbirgt und wie sich der Emmer im Brot geschmacklich äußert.

Unsere Kundenklientel ist generell sehr offen und in puncto Ernährungsthemen sehr sensibel. Dadurch sind sie sich auch bewusst, dass gute Produkte ihren Preis haben. Ein Vorteil für uns ist aber natürlich auch, dass Ötzi schon vor 6.000 Jahren auf Emmer setzte; Emmerfunde bei Ötzi belegen dies. Dieser Fakt spielt uns natürlich in die Hand. Ich möchte auch immer noch ein „Ötzi-Brot“ aus Emmer, Einkorn und Gerste entwickeln, die Marke habe ich schon vor rund fünf Jahren schützen lassen.

Wie würden Sie als Brot-Sommelier den Geschmack von Emmer in Backwaren beschreiben?

Reiner, dunkel ausgemahlener Emmer schmeckt eher erdig und mineralisch und ist kräftig im Geschmack. In Kombination mit Ölsaaten im Gebäck findet der Emmer aber zu seiner richtigen Stärke, weil der Emmer den nussigen Geschmack wunderbar unterstützt. Emmergebäcke sind zudem saftig und mürb, vom Biss her also eher kurz. Bäckt man Emmerbrote in einer Kastenform, verfügt das Brot über mehr Frische und auch der Geschmack ist intensiver.

Was passt für Sie am besten zum Emmerbrot dazu?

Ein hochwertiges Brot braucht z.B. nur Butter und etwas Salz. Viele nutzen hingegen Brot nur, um von Wurst und Käse keine fettigen Hände zu bekommen. Das ist falsch. Brot sollte wieder die erste Geige spielen. Ein Belag sollte das Brot also fördern und nicht überdecken.

Emmer ist in diesem Punkt ein Allrounder; er schmeckt in Kombination mit herzhaften und süßen Belägen und Aufstrichen. Leichte Beläge harmonieren ebenso gut mit Emmer wie knackiges Gemüse on top oder ein hochwertiger Haselnussaufstrich – die Abwechslung macht’s.

Danke für das Gespräch!

 

Sie haben nun Lust auf ein Emmerbrot mit Butter und Salz? Dann probieren Sie doch mal unser Rezept für Emmer-Sonnenblumenbrot aus. Zusätzliche Tipps zum Backen mit Emmer haben wir ebenfalls für Sie zusammengestellt.